Virtuelles Erich Scherer Archiv
Jubiläum als Bürgermeister von Tischardt 1979
Der Mensch ist wichtiger als der Staat
Rede von Erich Scherer
Herr Ortsvorsteher Brandstetter, sehr verehrte Damen und Herren!
Liebe Kinder!
Sie haben mich mit Ihren Worten des Dankes und der Anerkennung für
meine Arbeit hier in Tischardt in den letzten 25 Jahren geehrt und meine
Arbeit gewürdigt. Ich stehe ungern im Mittelpunkt, deshalb ist diese
Stunde für mich eine außergewöhnliche, besondere Situation. Die
Fülle erdrückt mich fast. Ich hätte mir manchmal gewünscht, ein Teil
davon hätte manchen etwas trüben Alltag erhellt. Und doch freue ich
mich darüber, daß sie alle mit mir zusammen dieses Jubiläum feiern
– und es ist sicher richtig nach den Jahren der Arbeit eine Stunde der
Besinnung einzulegen.
Wenn ich mich zurückerinnere – es fällt uns schon schwer an all
die Probleme zu denken, die uns seinerzeit bedrückt haben –, so sind
in dieser Zeit große Lücken in den Kreis unserer Bürger gerissen
worden, aber auch aus Kindern sind in dieser Zeit Bürger geworden, die
ihren Platz in der Gemeinde und den Vereinen einnehmen.
Der Teil unserer Bevölkerung, der sich noch an die Nachkriegszeit
mit all ihren schrecklichen und schweren Problemen erinnern kann, wird
immer kleiner, dadurch schrumpft aber auch die Möglichkeit unseren
eigenen Kindern den schweren Weg unseres Volkes noch verständlich
machen zu können. Und wie wichtig ist doch für eine gute Zukunft das
Wissen um die Vergangenheit unseres Volkes, um zu verhindern, daß
gleiche Fehler wieder gemacht werden. Die Erfahrung wiegt schwer – man
kann sie mit Geld nicht erwerben. Nur Kontinuität kann unsere Zukunft
sichern.
Wenn wir heute auf die 25 Jahre zurückblicken – Herr
Brandstetter hat einen umfassenden Rückblick gegeben –, so
scheint alles glatt gelaufen zu sein. So ist es nun nicht ganz. Aber
doch hat uns alle, Gemeinderat, Ortschaftsrat, Gemeindeverwaltung und
Bürgermeister die Sorge um das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger
immer wieder zusammengeführt und mit gemeinsamen Kräften die Probleme
angehen lassen. Ich meine die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Bei meiner Amtseinsetzung am 17. März 1954 habe ich unter anderem
gesagt: "Der Mensch ist wichtiger als der Staat und die Gemeinde,
die ja der menschlichen Gemeinschaft nur dienen kann. Dasselbe trifft
auf den Bürgermeister zu. Er hat sich seiner Bürger und ihrer Sorgen
anzunehmen und im Raum der Gemeinde ihre Sorgen und Nöte beseitigen und
verkleinern zu helfen. Es muß unsere vornehmste Aufgabe sein, den
Menschen, unseren Bürgern zu helfen, seine Lebensbedingungen zu
verbessern und zu erleichtern."
Als wichtigste Aufgabe habe ich seinerzeit genannt: Die Straße nach
Kohlberg, bessere Verkehrsverbindungen, Beseitigung der Wassernot,
Beseitigung der Wohnungsnot, Einrichtung eines Kindergartens. Keine Rede
war seinerzeit von Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung, von Schulreform
und Gemeindereform. Probleme die uns in den letzten Jahren bis in den
Kern unseres Seins beschäftigt haben.
Tischardt hat sich in dieser Zeit ganz wesentlich gewandelt. Das
zeigen nicht allein die Neubaugebiete und die Gemeindeeinrichtungen. Die
moderne Entwicklung, ob sie nun als gut oder weniger gut angesehen wird,
ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Haben früher die meisten
unserer Auspendler in Metzingen, Bempflingen und Neckartenzlingen
gearbeitet, so liegt heute der größte Teil der Arbeitsplätze in
Frickenhausen und Nürtingen. Immer habe ich einen großen Wert auf
einen engen Kontakt zur Bevölkerung gelegt, deshalb denke ich noch sehr
gerne an die Abendsprechstunden zurück. Großen Wert legte ich aber
auch auf eine gute und vertrauliche, ja kameradschaftliche
Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Es gibt viele Stunden, an die wir
uns alle sehr gern noch heute erinnern. Ich darf hier nur an unser
berühmt gewordenes Hasenessen erinnern.
Heute gehört nun Tischardt zu Frickenhausen. Auch heute verbindet
mich mit dem Ortsteil Tischardt und seinen Bürgern ein enges Band.
Heute noch denke ich immer wieder an meine erste Fahrt nach
Frickenhausen vor der Bürgermeisterwahl zurück und an den ganz
besonderen Eindruck, den auf mich der Blick auf unser Kirchle
hinterlassen hat.
An der guten Zusammenarbeit fehlt es auch heute nicht. Ich kann und
möchte nur hoffen und wünschen, daß wir in den kommenden Jahren,
genauso wie bisher vertrauensvoll zusammenarbeiten. Sie kennen alle das
Sprichwort: "Durch Eintracht wachsen kleine Dinge, durch Zwietracht
schwinden die Größten dahin".
Die Erfolge der letzten 25 Jahre wären nicht möglich gewesen ohne
ihre Unterstützung und Mitarbeit. Dafür möchte ich Ihnen allen sehr
herzlich danken und hoffen dürfen, daß sich daran auch künftig nichts
ändern wird.
Unsere Aufgabe bleibt dieselbe: Uns für das Wohl unserer Gemeinde
und ihrer Bürger einzusetzen. Arbeiten wir deshalb im gleichen Geist
zusammen wie bisher, dann werden die Erfolge nicht ausbleiben.
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