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Virtuelles Erich Scherer Archiv
Das neue Evangelische Gemeindehaus 1968
Ein Ort der Begegnung
Rede von Erich Scherer
Trotz Wohlstand, einem Überangebot an Informationen und einer
modernen Technik fühlen wir uns alle heute nicht mehr recht wohl. Eine
gewisse Leere ist entstanden. Auch wenn unsere Vorfahren in der guten,
alten Zeit materiell schlechter gestellt waren, so hatten sie doch
etwas, was uns heute fehlt. Sie waren in der Lage, noch miteinander zu
sprechen, den anderen anzuhören. Die gegenseitige Hilfe, die sich nicht
auf finanzielle Unterstützung beziehen muß, war weit ausgeprägter. Es
ist sehr einfach, diese Wandlung unserer modernen Gesellschaftsstruktur
zur Last zu legen.
Sind nicht wir alle Glieder der Gesellschaft und damit für ihre
Prägung mitverantwortlich? Wie oft könnte ein gutes Wort über manche
schwierige Situation in unserem Leben hinweghelfen, wenn sich nur jemand
fände, der es ausspricht?
Wie oft könnten gegenseitige Vorbehalte verschiedener Schichten
unseres Volkes abgebaut werden, wenn nur offen miteinander gesprochen
würde. Wie viel leichter könnten wir in unserer Gemeinde miteinander
leben, und hier möchte ich alle Kreise, ob es sich nun um Vereine,
Kirchen, Parteien und andere Gruppen handelt, mit einbeziehen, wenn wir
uns nur immer als Partner und nicht als Konkurrenten ansehen würden. Um
diese Schranken abzubauen und um neue Brücken zueinander zu schlagen,
ist wiederum das Gespräch notwendig.
Ich freue mich, daß nun das neue Evangelische Gemeindehaus ein Ort
der Begegnung werden soll. Hier sollen offene Gespräche miteinander
geführt werden, hier soll und muß sicherlich oft hart in der Sache
diskutiert werden. Hier kann sich Jung und Alt begegnen.
Ich wünsche, daß diese Einrichtung nicht nur als Gebäude sichtbar
ein fester Bestandteil unserer Gemeinde bleiben möge, sondern daß wir
dadurch neue Wege in unserem Zusammenleben finden, und daß es nicht
beim "Nebeneinanderleben" bleibt, vielmehr zum Miteinander
führt.
Frickenhausen, 18. Januar 1968
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