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Virtuelles Erich Scherer Archiv

 

Einweihung der Katholischen Kirche 1965
Kirche und Heimat gehören zusammen

Rede von Erich Scherer

 

Es ist für unsere Gemeinde eine geschichtliches Ereignis, die Einweihung der neuen Klaus-von-Flüe-Kirche, an dem wir mit Freude teilnehmen dürfen. Nach über 500 Jahren wird heute wieder ein großes, schönes Gotteshaus geweiht.

An der Planung, Entstehung und Fertigstellung hat die ganze Einwohnerschaft immer großen Anteil genommen. Das Werk ist getan, es lobt alle, die zu seiner Verwirklichung beigetragen haben.

Ich darf Sie, Exzellenz, und alle Gäste im Namen des Gemeinderats und der Gemeindeverwaltung herzlich in unserer Gemeinde begrüßen. Mögen Sie diese festlichen Stunden immer gern an Frickenhausen erinnern!

Es war ein weiter Weg vom ersten Beschluß der Muttergemeinde, hier ein Gemeindezentrum zu erstellen, über die Suche nach einem geeignetem Bauplatz, den Kauf dieses Platzes, die Planung, die Baugenehmigung, Erschließung des Baugeländes, den ersten Spatenstich am 20. März 1960 bis zur Weihe dieser Kirche.

Diese Zeit, die mit den Vorbereitungen und dem Konzil zusammenfällt, hat trotz der großen Unruhe in der Welt der Christenheit einen bedeutungsvollen Ertrag gebracht. Als Folge des Konzils beginnen die Wände zwischen den christlichen Kirchen durchlässig zu werden, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Pater Delp, einer der Männer des Kreisauer Kreises, wußte um diese große Aufgabe aller Christen. Am 31. Dezember 1944, wenige vor seinem gewaltsamen Tode, schrieb er in sein Tagebuch, wir sollten die Wände zwischen Gott und uns, zwischen uns einschlagen. Das Gebet des Klaus von Flüe müsse gelebt werden.

Der Entschluß und der Bau dieser Kirche ist eine Folge der völligen strukturellen und konfessionellen Verschiebungen, die der unselige Krieg mit sich gebracht hat. Der große Bevölkerungszuwachs durch die Aufnahme der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge hat sich auch auf die konfessionelle Zusammensetzung unserer Gemeinde ausgewirkt. Hatten wir 1900 vier Katholiken unter unseren Bürgern, so waren es 1946 518 und heute 1.129.

Die Gemeinden standen vor fast unlösbaren Aufgaben. Es galt neben vielen anderen Problemen zuerst mit der Wohnungsnot fertig zu werden. Wir sind stolz, dieses Problem gelöst zu haben. Es kommt aber nicht nur darauf an, den Heimatvertriebenen durch Wohnungsbauten und neue Arbeitsplätze eine neue Existenzgrundlage zu geben, sondern ihnen auch eine geistige Heimat in der Kirche zu vermitteln. Wenn unsere Gedanken um die Heimat kreisen, taucht der Kirchturm als Symbol und Kristallisationspunkt auf. Kirche und Heimat gehören zusammen. Sicher ist es bei vielen unserer Mitbürger so, daß Frickenhausen erst jetzt durch diese neue Kirche für sie recht neue Heimat geworden ist.

Tiefbeeindruckt sind wir alle von dem großen Opfersinn unserer katholischen Mitbürger, von ihrer Bereitschaft, mitzuhelfen, mitzutragen, daß dieses große Werk gelinge. Dieses Gotteshaus wird kommenden Generationen Zeugnis dieser großen Opferbereitschaft ablegen.

Für die bürgerliche Gemeinde, für Gemeinderat und Gemeindeverwaltung war es deshalb ganz selbstverständlich, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Schwierig und recht langwierig waren die Grundstücksverhandlungen. Am 5. Februar 1960 hat der Gemeinderat beschlossen, diesen Platz mit rund 29 ar als Kirchenbauplatz zur Verfügung zu stellen. Am 2. März 1960 wurde der Kaufvertrag abgeschlossen. Die Planung konnte nun beginnen. Vieler Besprechungen und Verhandlungen bedurfte es, bis das Bauvorhaben genehmigt und das Gelände erschlossen war. Alle Schwierigkeitgen konnte in gegenseitigem Einvernehmen gelöst werden. So wünschen wir auch für die Zukunft, daß sich bürgerliche und kirchliche Gemeinde zusammenfinden im Dienst am Nächsten.

Als wir zum ersten Mal Plan und Modell sahen, tauchte die Frage auf, ist dieser moderne Baukörper in unserer Gemeinde möglich? Heute können wir ja sagen. Uns gefällt die klare Linie, der eigenwillige Turm, die ganze Anlage. Sicher sprengt er unsere herkömmlichen Vorstellungen und Traditionen. Die gute alte Zeit liegt hinter uns, ein unbekanntes Neues vor uns. Unsere Zeit fordert von uns allen eine neue Aussage, die sich auch in der Baukunst widerspiegeln muß. So stellt diese Kirche einen Wendepunkt dar, und setzt in unserer Gemeinde einen neuen Akzent.

Wir alle wissen um die Schwierigkeiten, Sorgen und Nöte, die ein so großes Bauvorhaben für alle Beteiligten und Verantwortlichen mit sich bringt. Wir wissen auch um die große Tatkraft, den Mut und den vielen guten Willen unseres Herrn Kurat Jopp, ohne dessen nimmermüdes Bemühen diese Kirche nicht so schnell fertig geworden wäre. Ihm, dem Architekten, allen Handwerkern und Helfern, wie auch den Künstlern gebührt unser Dank und unsere Anerkennung.

Ihnen allen darf ich die Grüße der Gemeinderäte und Gemeindeverwaltungen der Gemeinden Frickenhausen und Tischardt und die herzlichsten Glückwünsche überbringen.

Möge diese Kirche sein ein Ort des Friedens und der Einkehr in dieser unruhigen Welt, ein Ort der Besinnung, der gegenseitigen Achtung, ein Ort der Hoffnung und der Liebe! Möge in dieser Kirche durch Jahrzehnte und Jahrhunderte das Wort Gottes gepredigt werden zum Heil und Segen der Menschen, zu Nutz und Frommen unserer Gemeinde und unserer deutschen Heimat!

Einweihung der Katholischen Kirche am 1. Mai 1965