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Virtuelles Erich Scherer Archiv
Einweihung des Schulhauses 1971
Rüstzeug für den Staatsbürger
Rede von Erich Scherer
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Dieser heutige Tag ist in doppelter Hinsicht für uns ein besonderer
Tag. Zum einen übergeben wir heute in die Hand unseres Rektors und
seiner Lehrerkollegen und -kolleginnen ein wohlgelungenes und gut
ausgestattetes Schulgebäude und beenden damit vielerlei Schwierigkeiten
und Unzulänglichkeiten. Zum andern ist dies aber auch ein Tag, an dem
eine gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit sichtbaren Ausdruck findet. So
ist dieses Hauptschulgebäude ein Symbol dieser Nachbarschaft, die sich
bewährt und damit auch ihren Lebenswillen bewiesen hat.
Wir wollen nicht die Schwierigkeiten verschweigen oder verniedlichen,
die diesen Weg begleitet haben. Daß sie überwunden wurden, ist jedoch
ein Beweis dafür, daß bei allseits gutem Willen auch schwierige
Probleme gelöst werden können.
Es ist ein weiter Weg von den ersten Überlegungen bis zum heutigen
Tag. Im Zusammenhang mit den Platzüberlegungen und den Planungen für
das Jugendhaus mit Kindergarten, wurde 1952 vom Gemeinderat sehr
weitschauend festgelegt, daß für einen künftigen Schulhausneubau
dieses Gebiet auf dem Berg vorzusehen sei. Eine später von Herrn
Architekt Ellinger durchgeführte Untersuchung hat dann ergeben, daß
eine Erweiterung der vorhandenen Schulgebäude wirtschaftlich nicht
möglich ist. Bereits bei einer Besprechung am 1. Juli 1962 bestand
zwischen den Vertretern des Kultusministeriums, des Oberschulamtes, des
Landratsamtes und der Vertreter der Gemeinden Linsenhofen, Tischardt und
Frickenhausen Einigkeit darüber, daß in einem neuen Schulhaus in
Frickenhausen bei Einrichtung des neunten Schuljahres die Klassen sieben
bis neun dieser Gemeinden unterrichtet werden sollten. Wenn wir die
Diskussion um den Schulentwicklungsplan I betrachten, eine sehr
weitsichtige Entscheidung.
Es war deshalb im Jahre 1966 eine logische Entscheidung der Eltern
der Schüler dieser Gemeinden und der Gemeinderatsgremien, als sie sich
für die Nachbarschaftshauptschule in Frickenhausen aussprachen. Die
Einrichtung auf 1. Dezember 1966 ging reibungslos vonstatten. Die beiden
fünften Klassen wurden in Linsenhofen untergebracht. Bereits 1965 wurde
mit dem Grunderwerb begonnen und die ersten Planungsüberlegungen
angestellt. Nach Zustimmung der Nachbargemeinden wurde am 17. April 1967
ein beschränkter Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den
Neubau einer Grund- und Hauptschule nebst Turnhalle und
Lehrschwimmbecken unter 13 Architekten des Kreises Nürtingen
ausgeschrieben. Zwölf Architekten haben sich beteiligt.
Am 28. Juni 1967 trat das Preisgericht unter Vorsitz von Herrn Dipl.
Ing. Gabriel zusammen. Als Sachpreisrichter bzw. als sachverständige
Berater nahmen Vertreter der Schule und der drei Verbandsgemeinden teil.
Das Preisgericht stellte einhellig fest, daß der Durchschnitt der
eingereichten Arbeiten sehr gut ist, was andererseits von einem guten
Niveau der Architektenschaft des Kreises Nürtingen zeuge. Den ersten
Preis erhielt die Arbeit von Architekt Robert Hammer, Kirchheim. Das
Preisgericht hob hervor, daß die im westlichen Teil des Grundstücks
stehenden Baukörper gut geformt sind und so gruppiert, daß ein
schöner innerer Freiraum entsteht. Dieser bildet von außen her
erschlossen den Hauptzugangsbereich zu den einzelnen Gebäuden. Die
geschickte Ausnutzung des Hanges ermöglicht weiter gut liegende
Zugänge zu beiden Schulen, der Grundschule und der Hauptschule.
Besondere Beachtung fand der Vorschlag, den Grünraum von Westen nach
Osten optisch durchfließen zu lassen. Mit der gut geformten
Eingangshalle - wir können uns heute davon überzeugen - in der die
Anpassung an den Hangverlauf durch halbgeschossige Versetzung in
schöner Weise erkennbar werde, und mit der Berücksichtigung aller
schulbautechnischen Forderungen würde dieses Schultyp gestellten
Aufgabe durchaus gerecht. Turnhalle und Schwimmhalle würden deshalb gut
liegen, weil sie die Schule von dem Turn- und Spielplatz abschirmen und
auch für die Öffentlichkeit gut erreichbar sind.
Auf Grund dieser Auszeichnung hat Herr Architekt Hamm den Auftrag zum
Bau des Schulhauses erhalten. Durch die Änderung der
Schulhausbaurichtlinien - auch der schulbautechnische Berater wechselte
- wurden wesentliche Änderungen notwendig. Das vom Kultusministerium
geforderte Verhältnis zwischen Programmfläche und Restfläche -
Pausen- und Verkehrsfläche - von 60 zu 40% konnte erreicht werden. Wir
können deshalb auch mit Fug und Recht von einer wirtschaftlichen
Lösung der Bauaufgabe sprechen. Diese gute wirtschaftliche Lösung wird
sich besonders auf den Unterhaltungsaufwand der künftigen Jahre positiv
auswirken.
Einer Genehmigung stand deshalb nichts mehr im Wege. Diese wurde vom
Landratsamt dann am 5. März 1969 erteilt. Im Februar 1969 konnte das
letzte Grundstück für den Schulhausbauplatz erworben werden. Damit
stehen für die Schule insgesamt rund 5,5 ha Fläche zur Verfügung. Die
großen Mühen hatten sich gelohnt. Alle Grundstücke konnten im
gütlichen Einvernehmen erworben werden. Auch die Verhandlungen mit den
beiden Nachbargemeinden Linsenhofen und Tischardt über die Bildung des
Hauptschulverbandes konnten am 2. Juni 1969 abgeschlossen werden. Der
ausgearbeiteten Satzung des Hauptschulverbandes Frickenhausen,
Linsenhofen und Tischardt hat das Landratsamt am 3. Juni 1969
zugestimmt, und am 12. September 1969, nachdem alle drei Gemeinden die
Satzung verabschiedet hatte, genehmigt.
Die Einigung war dadurch möglich gewesen, nachdem die Gemeinde
Frickenhausen sich als Ausgleich für den Standortvorteil bereit
erklärte, neben den Kosten für den Grunderwerb und die Erschließung -
rund 1 Million DM - an den nicht durch Zuschüsse gedeckten Baukosten
vorab 10% zu übernehmen. Die restlichen Baukosten werden verteilt:
Frickenhausen 60%, Linsenhofen 25,5%, Tischardt 14,5%. Die gesamten
Baukosten einschließlich der Kosten für die Baugrundstücke betragen
nach einer Kostenberechnung vom 9. Oktober 1969 4.794.618 DM. Diese
Kosten verteilen sich nach Abzug der zu erwartenden Staatsbeiträge auf
die Verbandgemeinden wie folgt: Frickenhausen rund 2.500.000 DM,
Linsenhofen 340.000 DM, Tischardt 200.000 DM.
Unsere Hoffnung bereits im Jahr 1969 den beantragten Staatsbeitrag zu
erhalten, hat sich leider nicht erfüllt. Nachdem sicher war, daß der
Bescheid im Frühjahr 1970 erteilt würde, wurden die Rohbauarbeiten im
Frühjahr 1970 ausgeschrieben und der Auftrag der Firma Krieg Nürtingen
erteilt. Mit den Rohbauarbeiten wurde dann, nachdem der
Staatsbeitragsbescheid am 19. Mai 1970 ausgefertigt wurde, am 26. Mai
1970 begonnen. Fristgerecht hat die Firma Krieg ihren Auftrag Anfang
Dezember 1970 erfüllt.
Trotz aller gemeinsamer Bemühungen, das neue Schulgebäude zum
Schuljahresbeginn im September fertigstellen zu können, konnte dieser
Termin nicht eingehalten werden. Personal- und Lieferschwierigkeiten
standen im Wege. Lediglich das Grundschulgebäude konnte bezogen werden.
Im Hinblick auf die Raumbedürfnisse der Grundschule in Linsenhofen
wurden die dort untergebrachten fünften Klassen hier untergebracht.
Dadurch war Linsenhofen seine Raumschwierigkeiten los.
Vor zwei Wochen ist nun auch das Hauptschulgebäude bezogen worden.
Die Raumsorgen unserer Grundschule und der Hauptschule haben nun ein
Ende. Allen Klassen stehen schöne, helle und gut eingerichtete
Schulräume zur Verfügung, die notwendigen Spezialräume sind
vorhanden.
Trotzdem bleiben Wünsch offen. Nach wie vor muß das im Jahr 1912
erbaute Schulgebäude in der Schulstraße mit vier Klassenräumen von
der Grundschule mitbenützt werden. Mit der Schulturnhalle konnte noch
nicht begonnen werden. Bereits 1968 haben wir das Staatsbeitragsgesuch
eingereicht. Wir hoffen sehr, mit den Bauarbeiten beginnen zu können.
Ziel muß auch bleiben, die Grundschule in einem zweiten Bauabschnitt
hier zu vereinigen und das Gebäude in der Schulstraße aufzugeben. Für
den Schulverband wie auch für die Gemeinde Frickenhausen ist die
Fertigstellung der beiden Schulgebäude ein großer Erfolg.
Die Hauptschule verfügt über alle notwendigen Räume ebenso
Verwaltung und Lehrerkollegium; die Grundschule in Linsenhofen hat zwei
weitere Schulräume; durch Räumung des Pavillons in der Schulstraße
steht uns ein weiterer Raum für eine Kindergartenabteilung zur
Verfügung. In Frickenhausen stehen nun für die Kindergartenarbeit rund
200 Plätze zur Verfügung. Durch die Freigabe des alten Schulhauses in
der oberen Straße können unseren Vereinen weitere Räume für ihre
Arbeit überlassen werden. Die evangelische Kirchengemeinde, die uns
freundlicherweise einen Teil des Gemeindehauses überlassen hat, kann
nun frei verfügen.
Alles in allem Grund genug, dankbar zu sein und uns zu freuen, trotz
der großen finanziellen Opfer, die die Gemeinden erbringen müssen. Wir
sind uns sicher alle darüber im klaren, daß unsere Existenz
entscheidend davon abhängt, ob es gelingt, das allgemeine
Bildungsniveau zu heben, die jungen Menschen ausreichend vorzubereiten
und ihnen Hilfen zu geben, damit sie in einer sich stärker wandelnden
Arbeits- und Berufswelt bestehen und sie mitgestalten können, die
jungen Menschen zu sinnvollem Freizeitverhalten zu erziehen, die jungen
Menschen zu verantwortungsbewußten Mitträgern unserer demokratischen
Gesellschaft heranzubilden und ich möchte ergänzen, sie in die Lage zu
versetzen, sich kritisch mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen, eigene
Maßstäbe zu finden und ihr Tun daran zu messen.
Die Ausbildung und Erziehung unserer Jugend ist für sie eine hohe
politische Aufgabe. Es gilt, dem Staatsbürger von morgen das beste
Rüstzeug mit auf den Weg zu geben. Dabei ist Erziehung sicher zuerst
Maßnahme am eigenen Beispiel, am eigen Tun. Wir - die Gemeinden können
Schulgebäude erstellen, die sachlichen Voraussetzungen schaffen. Der
schulische Erfolg wird immer vom Menschen, von den Lehrerinnen und
Lehrern abhängen.
Der Staat bestimmt nicht nur die Lehrpläne und die Ausbildung der
Lehrer. Er sucht mit Richtlinien oder mit dem goldenen Zügel der
Zuschüsse den Schulhausbau - eine der letzten Funktionen der Gemeinde
der Schule gegenüber - zu lenken. Wir sind uns durchaus darüber im
klaren, daß heute eine gewisse Planung nicht mehr zu entbehren ist. Die
Frage ist aber doch wohl berechtigt, worin eigentlich der lokale
Einfluß auf die Schule bestehen kann. Im luftleeren Raum kann die
Schule nicht gedeihen. Zu stark sind die Verflechtungen schon über das
Elternhaus der Schüler. Es wird sicher besonderer Wert auf die
Verbindung der Schule zur Gesellschaft, zu den örtlichen Institutionen,
zu der Gemeinde, den Kirchen und Vereinen zu legen sein. Daneben kommt
der Vorbereitung auf die Arbeitswelt und damit dem Kontakt zu Gewerbe
und Industrie eine große Bedeutung zu. Das schließt jedoch auch ein,
das Sichtbarmachen der Leistung der Allgemeinheit für die Schule, für
die Jugend.
Ein großes Werk ist in gemeinsamer Arbeit fertiggestellt worden. In
dieser Stunde möchte ich allen Dank sagen, die hier mitgewirkt haben.
Ich danke sehr herzlich unserem Architekten Herrn Robert Hammer für die
ausgezeichnete Planung und Ausführung, für sein Bemühen um eine
wirtschaftliche, moderne und doch schöne Lösung, für die
vertrauensvolle Zusammenarbeit und sein Verständnis für unsere
Vorschläge und Wünsche. Ich möchte hoffen, daß auch die Planung und
Bauausführung der Turnhalle vom gleichen Gedanken getragen ist. Ich
danke Herrn Reichert, dem örtlichen Bauleiter. Er war um seine Aufgabe
nicht zu beneiden. Seine Ruhe und Übersicht war erstaunlich. Das
fertige Bauwerk bestätigt seine Umsicht. Herzlicher Dank gebührt dem
Statiker, Herrn Dipl. Ing. Doster. Er hat den Nachweis geführt, daß
die Vorschläge von Herrn Hammer und ihm, die wirtschaftlichere Lösung
gegenüber dem Fertigteilbau sind. In diesen Dank möchte ich
einschließen die Sonderfachleute, alle Bauunternehmer und Bauhandwerker
mit ihren Gesellen und Arbeitern. Daß während der ganzen Bauzeit kein
nennenswerter Unfall vorgekommen ist, dürfen wir dankbar feststellen.
Dankbar sind wir aber auch für die hervorragende und vorausschauende
Unterstützung durch unseren Herrn Landrat. Ob es sich um die
Schulplanung, die Unterstützung des Staatsbeitragsgesuchs oder die
Beratung bei der Gründung des Hauptschulverbandes handelte.
Ein sehr wesentlicher Finanzierungsbeitrag ist der Staatsbeitrag des
Landes mit rund 1,5 Millionen DM. Für diese Unterstützung zu danken
ist uns ein Bedürfnis. Dankbar feststellen dürfen wir die gute
Zusammenarbeit mit Herrn Rektor Hahn und seinem Lehrerkollegium, in der
Verbandsversammlung und den Gemeinderatskollegien. Eine große Hilfe und
Erleichterung war das mit den Grundstücksbesitzern dank ihrer Einsicht
erzielte gütliche Einvernehmen über den Grunderwerb. Nicht vergessen
möchte ich den derzeitigen Hausmeister Herrn Würz mit seinen
dienstbaren Geistern, Herrn Fronmeister Knapp und unsere
Gemeindearbeiter, sowie meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf dem
Rathaus. Neben dem übrigen Geschäftsanfall haben sie durch die großen
Bauvorhaben der letzten Jahre und in diesem Jahr durch die
Fertigstellung der Kläranlage und den Schulhausneubau ein gerüttelt
Maß an Mehrarbeit geleistet. Allen, die zu diesem Bauvorhaben
beigetragen haben nochmals sehr herzlichen Dank.
Ich wünsche, daß in diesem Haus stets ein guter Geist die
Richtschnur allen Handelns ist. Mögen aus dieser Schule immer junge
Menschen entlassen werden ins Leben, die willens und in der Lage sind,
den Frieden und die Freiheit zu erhalten und zu verteidigen.
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